Montag, 12. März 2012

Kann beten zur Sucht werden?


Meine Frau hat mir am Wochenende aus der Heiligen Messe einen kleinen Zettel mitgebracht, auf dem, mit der Hand geschrieben, ein Name steht: männlicher Vorname und Familienname. Die Zettel - einer davon der nun bei uns gelandete - seien am Ende des Gottesdienstes verteilt worden, oder man konnte sie sich abholen. Genau hörte ich nicht hin, wie die Organisation war. Ich steckte aber das kleine hellblaue Papier ins kleine Stundenbuch. Den Namen - übrigens mit der Hand geschrieben - versuchte ich mir einzuprägen. Stunden waren vergangen. Zu Beginn der Vesper fiel mir der papierene Hinweis in den Schoß. Ein junger Mann aus der Pfarrei, wohl ein Kind, für den/das ich beten soll? Eigentlich wußte ich gar nichts mehr von dem, was meine Frau gesagt hatte. Sehr präsent war ich in diesem Moment nicht gewesen, eher zerstreut. Erstkommunionkind? Katechumene? Eine geistige Verbindung zueinander und miteinander zu haben, kann ja nichts schaden, und gerade beim Vespergebet, während der Möglichkeit, eigene Fürbitten zu sprechen, entdeckte ich rückseitig auf dem Stück Papier den Zusammenhang des jungen Menschen: Firmung im Sommer. Bringt das etwas, stellvertretend für jemanden zu beten? Merkt der junge Mensch etwas davon? Gedanklich kann man sich das schon leicht vorstellen, diese innere Kommunikation innerhalb des mystischen Leibes Christi, der Kirche. Aber wirkt sie praktisch nicht auch erst dann, wenn der andere, für den ich bete, das auch weiß? Sich zum Beispiel darüber freuen kann? Ich kenne nur wenige Menschen, die dem konkreten Wirken der Gnade Gottes vertrauen. Zurück zum Gebet: Mit der Fastenzeit, der österlichen Bußzeit, hat es doch ganz erheblich zu tun: Buße tun, gute Werke verrichten und beten, eben auch für andere. Um auf die Wirkung des Gebets zu vertrauen, reicht es nicht hin, ein rein praktisches Bild von der Kirche zu haben. Das ist einsichtig: Ist die Kirche der wahre, wenn auch mystische Leib Christi, dann wird sich die Kommunikation nicht einfach auf den Zuruf von einer Straßenseite auf die andere beschränken lassen. Aber was ist dann die angemessene, angebrachte Kommunikation in der Kirche? Was könnte sie immerhin sein? Ich muß etwas ausholen: Die österliche Bußzeit ist ein Geschenk an die Kirche, und wir können uns für die zweite Häfte der diesjährigen Bußzeit - die kurz bevor steht - überlegen, ob wir die Freude über dieses Geschenk an uns alle nicht überhaupt stärker ins Bewußtsein nehmen. Dann fällt es uns auch leichter, darauf zu vertrauen, daß es diese Kommunikation im stellvertretenden Gebet füreinander tatsächlich gibt, und vor allem ihre Wirkung. Und dann kann das Gebet, das zur Buße und den guten Werken gehört, zunehmend in unserem Herzen aufgehen. Das Gebet kann sogar eine Quelle in der Wüste werden, und nicht auszuschließen ist dann sogar, daß wir danach verlangen. Ich bin überzeugt, daß das Gebet das einzige ist, das nicht zur Sucht werden kann.

Dienstag, 26. April 2011

Auferstanden.

Auferstehung!


lexikalisch:

www.kathpedia.de:

-Die Auferstehung (des Fleisches, der Toten) ist die Vereinigung der unsterblichen Seele eines bereits verstorbenen Menschen durch Gott mit einem neuen Leib zu einem völlig neuen Leben.

www.wikipedia.de:

-Als Auferstehung wird die Aufrichtung eines oder aller Gestorbenen zu einem neuen Leben nach bzw. auf dem Tod bezeichnet. Dies erhoffen manchen Religionen als Menschen nicht mögliche, aber Gott mögliche jenseitige Zukunft

-Die Auferstehung Jesu Christi ist für die Christen jenes Wunder, durch das JHWH, der Gott Israels, dem gekreuzigten Jesus von Nazaret neues, leibhaftiges, unzerstörbares Leben geschenkt hat. Dies verkündet das Neue Testament (NT) als Ausgangspunkt und zentralen Inhalt des urchristlichen Glaubens.

analytisch:

Nach der Osterumfrage 2011 des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid für das Nachrichtenmagazin "Focus" glaubt gut ein Drittel der Deutschen an die Auferstehung Jesu Christi.

biblisch:

Paulus schreibt:

Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift, und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift, und erschien dem Kephas, dann den Zwölf. (1 Kor 15,3-5)

Denn wenn du mit deinem Mund bekennst: "Jesus Christus ist der Herr" und in deinem Herzen glaubst: "Gott hat ihn von den Toten auferweckt", so wirst du gerettet werden. (Röm 10,9)

Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben. Wenn wir nämlich ihm gleich geworden sind in seinem Tod, dann werden wir mit ihm auch in seiner Auferstehung vereinigt sein. (Röm 6,4-5)


auf den Punkt:

In der Auferstehung offenbart Gott sich uns in seiner ganzen Liebe.

Dienstag, 5. April 2011

Opfern und die neue Art zu lieben


Opfer – ein Wort, das oft schwer fällt. Im Alten Testament begehrt Gott selbst in den Worten des Propheten Hosea auf: „Liebe will ich, nicht Opfer“ (Hos 6,6). Fast verzweifelt klingt sein Protest, dass es nicht ums Opfern um des Opferns willen gehen kann.


Was hilf die Fastenkur, wenn die eigentlichen Probleme in der Familie nicht angegangen werden, wenn wir dem aus dem Weg gehen, was in unserem Leben nicht stimmt, wenn keine Zeit da ist füreinander?


Ohne die Liebe ist das Opfer leer, ja selbstzerstörerisch. Und doch gibt es keine wahre Liebe ohne Opfer.


Wer liebt, weiß, dass Opfer keine Selbstaufgabe bedeutet. Ganz im Gegenteil: Ich weiß, was ich will, ich weiß, was ich liebe, und dafür bin ich bereit, alles zu geben.


Das passt zu uns, ist schon lange überfällig und nie überholt – und doch: es kostet. Vielleicht haben wir deshalb resigniert das Opfern aufgegeben. Dietrich Bonhoeffer spricht in seinem Buch „Nachfolge“ von der „teueren Gnade“: Teuer ist sie, weil sie dem Menschen das Leben kostet, Gnade ist sie, weil sie ihm so das Leben erst schenkt. (…) Teuer ist die Gnade vor allem darum, weil sie Gott teuer gewesen ist, weil sie Gott das Leben seines Sohnes gekostet hat („Ihr seid teuer erkauft“ 1 Kor 6,20), und weil uns nicht billig sein kann, was Gott teuer ist.


Es ist die Osterperspektive, der Rück-blick vom Kreuz, die dem, was Fastenzeit ist, erst einen Sinn gibt. Eine Arie aus der Matthäuspassion „Aus Liebe will der Heiland sterben“ besingt, dass es Gott selbst ist, der hier die Erfahrung unzähliger Liebender teilt – und sie die seine. Der Rück-blick aufs Kreuz lässt sehen, was es mit dem Verzichten, mit dem Opfern auf sich hat. Es geht nicht um ein bisschen, es geht um alles! Gott will, dass Du lebst und dafür schenkt er sein Leben. Und Fasten ist nichts anderes als das: sich einlassen auf eine neue Lebensqualität – eine neue Art zu lieben.

Mittwoch, 23. März 2011

Autokilometer-Fasten



Es müssen nicht immer die Süßigkeiten sein, die in der Fastenzeit vermieden werden. Wie wär’s denn mal damit, auf Autokilometer zu verzichten? Das ist eigentlich ganz einfach: wenn möglich, wird das Auto stehen gelassen. Das mag dem einen oder anderen besonders schwer fallen, denn dann ist Beinarbeit gefragt. Ob zu Fuß oder mit dem Rad – anstrengender wird’s auf jeden Fall.

Die Idee zum Autokilometer-Fasten hatten die Katholische Landvolkbewegung (KLB) und der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB). Die Aktion läuft unter dem Motto „Fair-wandel dein Klima“. Mit dem Autokilometer-Fasten verzichtet man nämlich nicht nur auf Bequemlichkeit, sondern auch auf CO2. Und damit tut man der Umwelt etwas Gutes.

Wenn man es ganz genau betrachtet, tut der Verzicht aufs Autofahren aber auch der Gesundheit gut. Frische Luft und etwas Bewegung haben noch Keinem geschadet. Und noch etwas Gutes hat das Autokilometer-Fasten: weniger Kilometer bedeutet weniger Tanken und das schont den Geldbeutel.

Dienstag, 22. März 2011

Das Aushalten der inneren Leerstelle



Was er hat, das will er nicht, und was er will, das hat er nicht – so sagt der Volksmund angesichts einer Person, die immer etwas anderes haben will, nur eben nicht das, was gerade da ist. Es ist eine anstrengende Übung, einmal gar nichts haben zu wollen, einmal auf alle Bedürfnisse und vor allem ihre Erfüllung zu verzichten. Wer die dazugehörige Überwindung investiert, die es anfangs kostet, einmal umfassend zu verzichten, dem wird in der Regel bald darauf leicht ums Herz, und im nachhinein staunt er, wie viele Dinge ihn tagtäglich gefangen gehalten haben. Wie konnte man da, oder besser gesagt: Konnte man da überhaupt noch leben? Auch das ist eine Wirkung des Fastens: nicht nur entschleunigen – das Gegenteil von beschleunigen – , sondern das Loslassen, am besten auch einmal von sich selbst. Wer denkt da nicht an Lk 9,27: „Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten“? Und interessanterweise stellt sich dann, wenn man also komplett losgelassen hat von sich, keine Leere im Inneren ein. Was aber stellt sich ein? Abgesehen von der gesteigerten Wahrnehmungsfähigkeit, die uns ein echtes Fasten ermöglicht, nehmen wir, wenn wir nur wollen, auch das wahr, das in uns lebt, das sich regt wie ein Pflänzlein in der Wüste und sich zu einer labenden Oase entwickelt. In der Tradition verschiedener Religionen, exemplarisch im Christentum, gibt es nämlich erhebliche Spurenelemente, die auf diese Ausfüllung dieser vermeintlichen Leerstelle hindeuten. „Du bist Ich in mir“, schreibt der schlesische Arzt und Konvertit Johannes Scheffler alias Angelus Silesius und meint damit Erfüllung statt Selbstaufgabe. Und bei Paulus, im Galaterbrief 2,20, heißt es ganz explizit: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“ Auch im geheimnisvollen alttestamentlichen Gottesnamen „Ich bin der Ich bin da“ mag dieses unerwartete Dasein zumal in Wüstenwanderungen mitschwingen. Hinter dem Ausfüllenlassen der eigenen Leere im geistlichen Leben kann man auch das beziehungsreiche Geheimnis der stellvertretenden Sühne sehen: der für uns Sühne geleistet hat am Kreuz durch sein Blut füllt uns aus. Und wer ihm in dieser Hinsicht nachfolgt, stellvertretend Sühne leistet für jemand anderen, der verzichtet eben nicht, wie mancher Psychologe meint, auf sich selbst. Er verliert sich dadurch nicht und löst sich in kein Nichts hinein auf. Das Gegenteil geschieht: Gewinn an geistiger und vor allem geistlicher Größe, allerdings nicht unter der Perspektive der Leistungsgerechtigkeit. Alles Laute und Grobe fällt dann ab. Personen, denen all dies gelingt: Überwindung der eigenen ausgewachsenen Bedürfnisse, Aushalten der inneren Leerstelle bis zum Gewahrwerden des Größeren in sich selbst, Stellvertretung innerhalb der Gemeinschaft des Glaubens und somit letztlich tiefe Verehrung Gottes, solche Personen werden realistisch liebenswürdig, nicht süßlich-aufgesetzt, können Rückschläge erdulden ohne zu verhärmen oder im ewigen Jammern zu verharren. Dieses Absehen von sich selbst mit eigener rechter Selbstwerdung haben manche Heilige beschrieben – als Süßigkeit, auf die sie nie mehr verzichten wollten. Auch wenn solche mystischen Wege nicht jedermanns Sache sind, so wäre schon viel gewonnen, wenn wir sagen könnten: Was er hat, das will er, und was er nicht hat, das will er nicht. Dazu kann ein aufrichtiges Fasten verhelfen.

Forsa - Fasten


Laut einer Forsa-Studie vom März 2011 sind die Bayern bundesweit Spitzenreiter im Fasten: 44 % haben schon öfter für einen längeren Zeitraum auf etwas verzichtet und unter den Bayern finden es sogar 64 % sinnvoll, gezielt für mehrere Wochen auf ein bestimmtes Genussmittel oder Konsumgut zu verzichten. Allerdings: Die Sinnfrage wird hier ausschließlich aus gesundheitlicher Sicht gestellt. Wie viel religiöse Motivation bei den Fastenwilligen mitspielt, bleibt durch die Studie unbeantwortet. Doch vielleicht muss Fasten gar nicht immer bewusst religiös motiviert sein, um eine positive Wirkung zu zeigen. Jeder, der schon einmal auf etwas verzichtet hat, wird bestätigen können, dass eine neue Freiheit entsteht, sei es, durch neu gewonnene Zeit (z.B. beim Verzicht auf Computer, Internet oder Fernsehen - die Quote der Medienverzichter ist übrigens seit dem letzten Jahr deutlich angestiegen), sei es durch einen klaren Kopf und ein besseres Körpergefühl (z.B. beim Verzicht auf Alkohol, Süßigkeiten, Rauchen oder durch eine gesündere Ernährung im Gesamten). Und eben durch diese neue Freiheit kann ein neues Lebensgefühl entstehen, das zu einer qualitativ besseren Zeitnutzung anregt, das offen macht für sich selbst, die Mitmenschen und letztendlich immer auch für Gott.